Finest Spirits München 2010

Wie jedes Jahr im Februar war es wieder Zeit für das Whisky-Festival in München. Inzwischen findet das alles unter dem Namen Finest Spirits statt, da man sich nicht mehr nur auf Whisky beschränken, sondern sich langsam zu einer allgemeinen Spirituosen-Messe entwickeln möchte. Diese Entwicklung ist einerseits zu begrüßen, denn es gibt natürlich auch außerhalb des Whiskyuniversums spannendes zu entdecken. Andererseits sollte man aber darauf achten, dass das ganze nicht zu groß und zu beliebig wird. Noch beschränkt man sich weitestgehend auf besonderes und ausgefallenes und das sollte meiner Meinung nach auch weiterhin so bleiben.

Da die Räumlichkeiten auf der Praterinsel letzten Sommer geschlossen wurden, musste man außerdem einen Ortswechsel vornehmen, was aber aufgrund der Erweiterung wohl eh nötig gewesen wäre. Eine neue Location wurde im Neuen Forum im Deutschen Museum gefunden, das auch die Imax-Kinos beherbergt. Nicht die schlechteste Wahl, denn hier ist nicht nur ausreichend Platz (inklusive Tagungsräumen für die Master Classes), sondern die Räume bieten haben auch genügend Stil und Charme für die Veranstaltung. Einziges Manko ist der Restaurantbereich, denn die Handvoll kleiner Tische bietet viel zu wenig Leuten Platz zum Essen. Da war das Cateringzelt auf der Praterinsel deutlich besser geeignet und irgendwie auch einfach kultiger.

Ach ja, die beiden älteren Damen an der Garderobe waren mit dem Besucherandrang wohl auch etwas überfordert. Jedenfalls hat es durchaus Sinn gemacht, sich das erste Getränk vorher zu holen und sich damit in die Schlange zu stellen.

Bei uns war das kein Whisky, sondern ein Obstbrand. Die Brennerei Ziegler hatte ihre Stand günstigerweise ganz vorne und einer der Gutscheine war für eben diesen Stand. Also kurz das Sortiment gescannt und ein Eröffnungsgläschen geholt. Bei mir war das ein Alter Apfel, im Holzfass gereift. Die anderen hatten Alte Zwetschge und Williams. Allen war ein ausgesprochen feiner und intensiver Geruch gemein und ein ebensolcher Geschmack. Keine Schärfe, intensives Obst – große Klasse. Durch die Fasslagerung hat vor allem der Alte Apfel noch ein gutes Stück gewonnen. Kann man auf alle Fälle empfehlen.

Beim Weiterschlendern kamen wir direkt am Talisker-Stand vorbei. Und da auch die einen Gutschein auf der Eintrittskarte hatten, haben wir hier den Einstieg in den Whisky gestartet. Bei mir war das der Talisker 57° North, der seinen Namen deswegen trägt, weil er auf genau 57% verdünnt wurde. Laut Talisker der ideale Alkoholgehalt für diesen Whisky und damit liegen sie nicht mal verkehrt. Zwar ist der Geschmack nicht besonders langanhaltend, aber er explodiert dafür förmlich im Mund und füllt sofort alles aus. Eigentlich stehe ich ja eher auf eine langsame Geschmacksentwicklung, aber hier finde ich das gar nicht mal schlecht.

Von dort aus haben wir den Stand von Munich Spirits schon gesehen und natürlich gleich auf ein Hallo vorbeigeschaut. Das hat sich auch sofort ausgezahlt, denn die Jungs hatten noch Freikarten für die nächste Master Class übrig, die wir natürlich nicht abgelehnt haben. Also hoch in die Tagungsräume, wo ein paar Minuten später die Maker’s Mark Master Class begonnen hat. Eine Dreiviertelstunde lang wurden wir mit Informationen über Bourbon im Allgemeinen und Maker’s Mark im Speziellen gefüttert (in ziemlich hohem Tempo). Dazu gab es den Whisky in seinen verschiedenen Altersstufen, um den Entwicklungsprozess nicht nur zu hören, sondern auch zu schmecken. Sehr schöne Idee und gut umgesetzt, wenn aufgrund der begrenzten Zeit vielleicht auch etwas hektisch. Der erste Schritt war der „White Dog“, der New Make von Maker’s Mark. Ich hab schon den New Make von Kilchoman und Laphroaig getrunken und dieser hier hat sich nicht grundlegend unterschieden. Klar, süß, schnapsig und fruchtig, eher wie ein Obstbrand denn ein Whisky. In dem Stadium würde ich keinen Whisky erkennen oder auch unterscheiden können. Der nächste war der einjährige, durch die neuen Eichenfässer und die Lagertemperaturen schon deutlich gefärbt und auch geschmacklich schon klar als Whisky zu erkennen, wenn auch eben als recht unreifer Geselle. Weiter ging es mit dem zweijährigen, der schon einen recht typischen Bourbongeschmack hat. Mit den dreien im direkten Vergleich konnte man die geschmackliche Entwicklung wirklich sehr schön nachvollziehen. Dann natürlich quasi der Höhepunkt – der vierjährige Maker’s Mark (und damit der einzige, den es tatsächlich im Handel gibt). Natürlich wurde der über alles gepriesen, aber ich muss zugeben, dass das wirklich ein ziemlich ordentlicher Bourbon ist. Da kein Roggen verwendet wird, fehlen sämtliche bitteren Noten und es gibt eine sehr schön ausgewogene Süße mit den bourbontypischen Vanillenoten. Kann man durchaus trinken. Um zu zeigen, dass Bourbon im Gegensatz zu den europäischen Whiskies nicht zu lange lagern darf, wurde als nächstes ein überalterter Maker’s Mark ausgeschenkt (wie alt genau, weiß ich nicht mehr, aber viel älter war er nicht). Beeindruckend, denn der hat nicht nur furchtbar nach Nagellackentferner und Klebstoff gerochen, sondern auch ziemlich ekelhaft geschmeckt. Bitter und holzig, untrinkbar. In neuen Fässern reift Whisky eben sehr sehr schnell. Zum Vergleich wurden noch die Standardabfüllungen von Four Roses und Jack Daniels ausgeschenkt, die zwar durchaus trinkbar sind, aber gegen den Maker’s Mark in der Tat verlieren. Aber die sind natürlich auch für den Massenmarkt und beide Distilleries bieten durchaus andere Abfüllungen, die da eher konkurrenzfähig sind.
Alles in allem aber schon eine recht interessante Veranstaltung, die sich auf alle Fälle gelohnt hat.

Eigentlich wollten wir jetzt eine Essenspause einlegen, denn langsam haben wir den Alkohol durchaus gespürt, aber auf dem Weg dahin haben wir dann doch noch einen kleinen Halt bei The Whisky Fair gemacht. Schöne Auswahl, ich hab ich für einen 41jährigen Longmorn von 1968 in Faßstärke entschieden, der ausgesprochen lecker war. Fette Sherrysüße, schöner Schmelz. In der Beschreibung von Whisky Fair heißt es völlig zu Recht „Erspart jedes Dessert.“

Jetzt war aber wirklich Essen fällig. Nach kurzem Warten konnten wir einen Tisch ergattern und uns die Mägen mit Schnitzel bzw. Eintopf füllen. Nicht übel, auch wenn der an Irish Stew angelehnte Eintopf mit Puten- statt Lammfleisch nicht gerade eine Geschmacksexplosion war. Untermalt wurde das ganze von einer Dame, die zur Akustikgitarre gesungen hat. Aber jetzt bitte nicht an Nicole und Ein bisschen Frieden denken, sondern an eine Röckröhre, die ihre leicht soulig angehauchten Nummern richtig gut rübergebracht hat. Trotzdem ein sehr undankbarer Job, da die Leute aufgrund der Tischaufstellung und des Essens kaum Aufmerksamkeit schenken konnten. Deswegen gibt es von mir noch mehr Respekt für die Darbietung.

Tja, der erste Whisky nach dem Essen, das alte Thema. Also besser mal was nehmen, was sich auch durchsetzen kann. Das war doch die Gelegenheit, bei Ardbeg vorbeizuschauen und dort den Rollercoaster zu probieren, die Jubiläumsabfüllung zur Wiedereröffnung vor 10 Jahren. Als Mitglieder des Ardbeg Committee hätten wir den eh umsonst bekommen. Hätte ich die entsprechende E-Mail ausgedruckt. Naja, hab ich ihn halt gezahlt. Der Rollercoaster macht seinem Namen alle Ehre, denn er ist ein wilder Geselle. Mit Torf und Rauch lässt er die Muskeln spielen und liegt damit ganz auf der Linie der neuen Ardbegs, die aus allen Rohren feuern statt mit Eleganz glänzen wie die alten. Ein bisschen schade ist das schon, auch wenn ich auch mit dieser Ausrichtung generell schon was anfangen kann. Naja, er ist ja auch noch jung. Warten wir mal ab, wie sich das sie nächsten Jahre so entwickelt.

Auf diese Torfattacke brauchte es dringend einen Kontrast. Am besten gar keinen Whisky. Da kam es mir doch sehr gelegen, dass ich im Untergeschoss den Stand von Blue Gin entdeckt hab. Über den hatte ich schon gelesen und da ich Gin generell recht spannend finde, was das genau das richtige Ziel. Charmante Präsentation mit einigen Hintergrundinfos von den beiden Österreichern am Stand, während ich mir den Gin schmecken ließ. Das tut er nämlich durchaus. Der Geruch ist typisch, der Geschmack würzig und auf alle Fälle auch pur sehr gut genießbar. Gar kein Vergleich zum billigen Gin aus dem Supermarkt, den man nur mit Tonicwater runterbekommt. Hat mir gut gefallen.

Nun war es aber an der Zeit, wieder zu Munich Spirits zurückzukehren und die dortige Auswahl genauer unter die Lupe zu nehmen. Wie immer hätte man allein an dem Stand schon die ganze Messe verbringen können, die Auswahl war natürlich wieder vom feinsten. Natürlich bin ich zielstrebig auf die ausgefallenen Sachen gegangen.
Als erstes einen NORTH PORT DL OMC 36 y, 1966 – 2002, 6 months Sherry Cask, 50%, der schon mal richtig verblüffen konnte. Ich kann gar nicht sagen, wonach der gerochen und geschmeckt hat. Aber ich hab definitiv noch keinen vergleichbaren Whisky getrunken. Sehr abgefahren, hätte ich gerne hier im Regal stehen. Wenigstens hat es mich beruhigt, dass Pit mit der Beschreibung genauso überfordert war wie ich.
Weiter ging es mit dem ARDBEG C.V. 1966-1996 Oloroso, Clubabfüllung „King of Peat“ – Fassprobe (noch am Reifen). Der entscheidende Satz steht in der Klammer. Dieser Whisky ist noch nicht fertig und deswegen noch etwas unausgereift. Torf und Sherry stehen noch nebeneinander und sind noch nicht harmonisch vereint. Trotzdem nicht uninteressant und auf alle Fälle vielversprechend. Wie meinte Tim so schön, „Schmeckt wie ein großes Tier, dass man auspresst bis nichts mehr drin ist.“
Wie üblich sollte zum Schluss dann noch der beste Tropfen folgen, und das war in meinem Fall ein TALISKER BB&R, 1972 – 1999, Dark Single Sherry Cask 1102, 42,5%, und der war in der Tat WOW! Vielschichtig, komplex, die Sherrysüße perfekt integriert – einfach ein richtig geiler Tropfen! Der klare Höhepunkt, ohne wenn und aber.

Es folgte nur nochmal Schlangestehen an der Garderobe (ein Glück für den Stand einer schottischen Brauerei direkt an der Schlange, der nochmal richtig gut Umsatz gemacht hat) und dann war auch genug für diesen Tag.

Schöne Sache, hat sich auf alle Fälle gelohnt!

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