73. Tasting von Munich Spirits – Islay High End Tasting

Drei ungewöhnliche Aspekte für ein Tasting von Munich Spirits. Alle Whiskys aus der Kategorie Torf und Rauch, alle Whiskys vergleichsweise hochpreisig, nur einer aus dem Setup noch regulär auf dem Markt erhältlich. Aber es darf ja auch gern mal ungewöhnlich sein.

Bei mehreren Whiskys mit ähnlich extremer Ausrichtung trinkt sich recht schnell auf diese Ausrichtung ein und sie kommt einem gar nicht mehr so extrem vor, was durchaus erst mal Sinn ergibt. Im Gegenzug bedeutet das aber auch eine gewisse Verzerrung, da man die Whiskys in Folge anders wahrnimmt als wenn man sie für sich allein trinken würde. Das macht die Beschreibung in dem Fall noch subjektiver als eh schon.

Port CharlotteWann kann man schon mal ein Tasting mit einem Port Charlotte eröffnen? Normalerweise stehen Whiskys mit dieser Torfigkeit eher am Ende eines Tastings, aber bei dieser Range ist kein Platz für ein langsames Hochfahren der Geschmacksnerven. Wir beginnen also mit einem Port Charlotte, OB, Cognac Cask, 8 Jahre, 2007, 57,8%. Die meisten Port Charlottes sind mir zu extrem und deswegen bin ich hier zum Einstieg skeptisch. Zu Unrecht. Der Geruch macht zwar schon vom Tisch aus deutlich, dass es sich hier um einen Malt aus der „Heavily Peated Serie“ handelt, aber mit ein klein bisschen Luft zeigen sich dahinter schnell andere Noten. Ich rieche grüne Nüsse oder Nusseis. Im Geschmack ist der Torf zwar deutlich, aber nicht so dominant wie erwartet. Insgesamt ist er aber schon richtig kräftig und mundfüllend, mit dunkler, brösliger Schokolade und mit einem langen, schmelzigen Abgang, der ganz zum Schluss unerwartet nochmal einen bitteren Biss bringt. Auf ein Cognacfass wäre ich nicht gekommen, aber für sein Alter wirkt der überraschend reif, mit mehreren schönen Wechseln zwischen süß und trocken. Vor allem die Cremigkeit gefällt mir ausgesprochen gut. Vielleicht der beste Port Charlotte, den ich bislang getrunken habe. Da dieser der Einzige ist, den es noch normal im Handel gibt, komme ich direkt ins Ãœberlegen.

Ardbeg AlligatorAn sich war ich mir sicher, dass ich den Alligator schon mal getrunken habe, aber eine Recherche in meinen Aufzeichnungen bringt nichts zu Tage. Da ich dazu auch keine konkrete Erinnerung mehr an den Geschmack habe, gehen wir also einfach mal davon aus, dass das erste Aufeinandertreffen ist: Ardbeg, OB, Alligator – Committee for discussion, 51,2%. Es mag am Port Charlotte davor liegen, aber der Torf erscheint hier in der Nase eher dezent, dafür gibt es würzige Frucht und frisch geschnittenes Holz. Geschmacklich finde ich ihn schon eher typisch, mit einer Mischung aus Fruchtigkeit und Torf, mit einem überraschend kurzen und unspektakulären Abgang voller kaltem Lagerfeuer. In den Bewertungen hat der ziemlich gut abgeschnitten, mich überzeugt er allerdings nicht so richtig. Es mag am Port Charlotte davor liegen, aber der Alligator wirkt nicht nur im Vergleich zu diesem etwas unspektakulär, sondern kann auch nicht mit Abfüllungen wie dem Corryvreckan oder dem Uigeadail mithalten.

Ardbeg SMWSIn Konkurrenz dazu gleich der nächste Ardbeg, diesmal von der Scotch Malt Whisky Society: Ardbeg SMWS 33.125 „Salted Caramel Lollipop“, 7 Jahre, 2005-2012, 64,4%. Man kann etwas mehr Rauch riechen, vor allem aber Weingummi, salziges Lakritz, Mandeln und ungebackenen Keksteig. Hier kann ich den Namen also gut nachvollziehen.  Im Mund hingegen finden sich wenig Frucht und Süße, hier dominiert dann doch eher der kräftige, torfige Charakter. Auch im Nachgang sind vor allem bittere Noten und kalter Rauch präsent, erst recht spät kommt noch eine leichte Süße durch. Das alles wirkt eher straight und klar, salted Lollipop hat man eher in der Nase oder eben ganz zum Schluss. Insgesamt nicht übel, aber auch hier ist der Name für mich größer als das Ergebnis.

Port EllenWo wir gerade bei großen Namen sind, mehr als Port Ellen geht in der Hinsicht bei Islay nicht. Von Diageo in den 80ern geschlossen, gelten die wenigen restlichen erhältlichen Abfüllungen für viele als das Nonplusultra und rufen Preise jenseits von gut und böse auf. Da mag mehr Legende als Realität dahinter stehen. Tatsächlich waren aber die wenigen Port Ellens, die ich in meinem Leben trinken durfte, alle richtig toll. Hier haben wir nun eine unabhängige Abfüllung auf dem Programm: Port Ellen, The Whisky Fair, Sherry Butt, 1982-2007, 24 Jahre, 59,6%. Der Geruch ist im Gegenzug zu den Whiskys davor sehr elegant und ziemlich komplex. Da ist vieles drin, aber nichts, was richtig dominant hervorstechen würde. Ein bisschen Rosine, Marmelade aus reifen Früchten, Bienenwachs und weinige Noten sind so Assoziationen, die kommen. Hier würde ich eher einen Cognac-Einfluss vermuten als beim PC am Anfang. Das Sherryfass kommt jedenfalls nicht deutlich raus, sondern integriert sich komplett in das Gesamtbild. Der Geschmack hat enorm viel Kraft, was das Herausschmecken einzelner Noten nicht leichter macht. Aber auch das ist nicht unangenehm und geht dann in einen sehr langen und cremigen Abgang über. Der Name mag die Wertung beeinflussen, aber es wird vergleichsweise still im Raum. Einige sitzen einfach nur versonnen schnuppernd und schmeckend da, ich einer von ihnen. Das hätte ich auch noch längere Zeit so machen können, ohne dass mir etwas gefehlt hätte. Bombe.

Laphroaig TWSNach dem Essen geht es mit einer Distillerie weiter, die keine Schwierigkeiten damit haben sollte, den Geschmacksknospen die Erinnerung an die Antipasti zu nehmen. Der erste der beiden kommt von einem unabhängigen Abfüller, der sich nicht mehr recherchieren ließ. Weder ganz allgemein, noch im speziellen diese Flasche: Laphroaig, The Whisky Source, 1998-2009, 10 Jahre, 56,9%. In der Nase gibt es vor allem Torf und Zitrusnoten, dahinter rote Beeren. Das medizinische fehlt etwas, weswegen ich vielleicht nicht direkt auf Laphroaig getippt hätte. Auch im Mund ist der Torf in Vordergrund, der Whisky ist herb und kräftig und bleibt das auch im Abgang. Schöner zehnjähriger, bei dem das einzige, was man kritisieren könnte, die fehlende Außergewöhnlichkeit ist.

Laphroaig SMWSAuch hier gibt es als zweiten Vertreter eine Abfüllung der Scotch Malt Whisky Society: Laphroaig SMWS 29.125 „Smoke of sweet chili sausages“, 17 Jahre, 60,6%. Nase drüber – Chili, check – Barbecue, check – Süße, check. Nur die Wurst fehlt noch. Die kommt auch im Mund nicht dazu, wo man dafür genau die Außergewöhnlichkeit bekommt, die mir beim Vorgänger gefehlt hat. Sehr süß mit würzigem Rauch und Pfefferminznoten dazu. Das alles geht in einen sehr langen und ebenfalls süßen Abgang über, bei dem die Würze immer weiter in den Hintergrund tritt. Das alles hat tatsächlich was von BBQ-Sauce. Großes Kino, den würde ich zu den besten SWMS-Abfüllungen zählen, die ich bislang im Glas hatte.

Caol IlaDer Abschluss klingt für den einen oder anderen vielleicht erst mal ungewöhnlich: Caol Ila, Signatory Vintage, Hogshead, 29 Jahre, 1982-2012, 56,3%. Caol Ila hat bei einigen den schlechten Ruf,  eher Masse als Klasse zu produzieren (und die Distillerie waren, die statt Port Ellen weitermachen durfte), aber das halte ich für etwas unfair. Ja, die Anlagen sind eher ein Industriekomplex als eine malerische Kleinanlage und man produziert tatsächlich enorme Mengen. Allerdings eben auch immer wieder richtig gute Abfüllungen. Das hier ist eine davon. Aus irgendeinem Grund nur wenige Wochen vor dem Erreichen der 30 Jahre abgefüllt bekommt der Port Ellen aus Runde eins hier einen wirklich würdigen Konkurrenten. Aromenvielfalt in der Nase mit Zitrus, Pfirsich, Holznoten, reifem Obst, Kraut und Rauch. Ein vollmundiger, wärmender und würziger Geschmack, der Rauch nicht zu dominant und schöne süße Noten dazu. Der Abgang erinnert an bittere Orangenmarmelade, bleibt lang und intensiv und wird dabei immer fruchtiger. Das ist alles nicht ganz so elegant und gentlemanlike wie beim Port Ellen, hat aber nichtsdestotrotz große Klasse. Absolut Top!

Sehr schönes Tasting komplett ohne Ausfälle und mit ein paar richtig feinen Sachen. Der einzige Wehrmutstropfen dabei ist nur, dass man fast nichts davon ein zweites Mal im Glas haben wird …