Whisky & Bar Festival München 2008

Das Whisky-Festival kommt zurück auf die Praterinsel und das erfreut mich ungemein, denn hier sind nicht nur die Räumlichkeiten angenehmer und passender, auch die Liste der Aussteller und das Drumherum lassen die letztjährige Interwhisky klar hinter sich zurück.

Diesmal sind wir am Sonntag da und der Tag wird deutlich entspannter als die Samstage in den letzten Jahren. Der große Besucheransturm ist schon vorbei (was natürlich auch am Traumwetter liegen mag), man hat vor allem bei den kleineren Ständen sehr viel Platz und Zeit, mit den Anbietern zu sprechen. Von der Seite her also schon mal sehr angenehm.

Kommen wir also zum Ablauf. Nach einem kurzem Hallo am Munich Spirits Stand verschaffen wir uns erst mal einen Überblick und suchen was Einfaches zum Starten. Die Wahl fällt auf einen Benromach Organic, den ich in Edinburgh schon mal getrunken zu haben glaubte (was mir die Messedame bestätigen konnte, da es keinen anderen mit schwarzem Etikett gibt). Kein Überflieger, aber ein angenehmer Whisky ohne Höhen und Tiefen. Zum Einstieg genau richtig.

Nebenan erklärt Jim McEwan gerade wieder eifrig seine Whiskies, aber für Bruichladdich ist es uns noch zu früh. Weiterschlendern, vorbei an etlichen interessanten Ständen, die diesmal über Whisky hinaus auch diverse Obstbrände, Tequilas, Rums oder auch Schokolade anbieten.

Der nächste Stop ist bei einem unabhängigen Abfüller (ich meine Scott’s Selection, aber ich bin mir nicht mehr sicher), wo ich nach einigem Auswählen zu einem 18jährigen Tomatin komme. Auch beim Alter bin ich mir unsicher, aber der war ziemlich enttäuschend, weswegen ich mir schlicht nicht mehr gemerkt habe. Der erste Geschmack war zwar nicht übel, aber auch wieder sehr schnell und spurlos verschwunden. Nichts für mich. Petra gibt einem 21y Macallan eine Chance, aber auch der kann nicht überzeugen, sondern zeigt sich von einer ausgesprochen blassen Seite (mach einer mag es vielleicht elegant nennen, ich aber nicht).

Als nächstes fällt mir der Fleischmann-Stand ins Auge. Die Destillerie rühmt sich, Bayerns älteste Whiskybrennerei zu sein und über die „Blaue Maus“, den „Schwarzen Piraten“ und den „Grünen Hund“ hab ich schon öfters mal gelesen. Also geben wir dem einfach mal eine Chance. Die Beratung bleibt wenig aussagekräftig („das schmeckt ja schließlich jeder anders“), also entscheide ich mich für die Blaue Maus. Und – um es gleich vorweg zu nehmen – erreiche damit jetzt schon den eindeutigen Tiefpunkt der Messe. Holz, Holz und drüber noch etwas Holz. So stelle ich mir in etwa das Geschmackserlebnis vor, wenn sich ein Maulwurf durch den Wurzelstock eines alten Strauchs arbeitet. Auf Nachfrage wundert das auch nicht, denn zum Stil des Hauses gehört es, ausschließlich neue, ungeflammte Eichenfässer zu verwenden. Man gibt mir zum Vergleich noch ein kleines Glas Krottentaler (andere Malz-Sorte, ansonsten gleiche Bauart) und der kann genauso wenig. Keine Entwicklung, keine Komplexität, eben nur ein Haufen Holznoten. Wenn ich es nicht gewusst hätte, wäre ich wohl noch nicht mal drauf gekommen, dass es sich hier um einen Whisky handelt.

Der Magen schreit nach einem guten Gegenprogramm und das finden wir gleich gegenüber bei den Whisky-Raritäten von Lothar Langer. Der hat ein kleines aber sehr sehr feines Sortiment, das dem Namen seines Ladens durchaus gerecht wird. Nach kurzem Gespräch empfiehlt er uns einen Caol Ila 11y, bottled for Rist. Gloria, Marina di Ravenna. Das ist in der Tat ein Gegenprogramm zur Blauen Maus – und was für eins! Ich bin immer wieder verblüfft über die Vielfalt, die man bei Caol Ila antreffen kann – vor allem bei den jungen Jahrgängen. Der hier ist wieder mal sehr anders als die anderen, aber für sein Alter unheimlich schön und rund. Bauchiger, leicht phenoliger Geschmack (aber ohne Rauchattacke), angenehme Entwicklung im Mund und ein mittellanger, sehr sanfter Abgang. Groß! Leider die vorletzte Flasche, die es von dieser Abfüllung noch gibt und auch die letzte wird auf dieser Messe noch geöffnet.

Die nächste Station ist Adelphi, ein unabhängiger Abfüller, der sich auf Single Malts in Faßstärke spezialisiert hat. Auch hier ist das Team am Stand sehr nett und engagiert, so dass wir das Sortiment ausführlich vorgestellt bekommen, bevor wir unsere Wahl treffen. Petra und ich gehen in Richtung Sherry. Bei ihr ist es ein Mortlach 17y, der sich als wirkliche Sherrybombe erweist. Unheimlich reichhaltig, süßlich und fast schon cremig, dabei aber immer noch harmonisch. Groß. Bei mir ist es ein Clynelish (leider hab ich das Alter vergessen), der nicht ganz so massiv daherkommt, sondern zum Sherry noch eine sehr schöne Fruchtnote (Pfirsich?) und ganz dezente Kräuter dazu bringt. Gefällt mir sehr sehr gut. Stefan entscheidet sich für einen Linkwood 18y, der allerdings eher nicht mein Fall ist. Sehr süßlich, aber ohne die cremige Schwere des Mortlach oder die Komplexität des Clynelish.

Alles in allem aber auf jeden Fall ein extrem interessanter Stand. Adelphi werde ich wohl im Auge behalten.

So, einmal rundherum gelaufen, Zeit zu Munich Spirits zurückzukehren und Pits umfangreiches Sortiment genauer ins Auge zu fassen. Nachdem ich ihm von meiner Enttäuschung mit dem Tomatin erzähle, nimmt er sich gleich vor, das Bild der Distillery wieder gerade zu rücken und schenkt mir einen Tomatin SSMC 31y ein. OK, keine weiteren Fragen. Der kämpft ganz weit oben um den Tagessieg mit. Wow! Reichlich Geschmack im Mund, der alle Knospen stimuliert und was für ein Abgang. Absolutes Highlight!

Stefan bekommt als Gegenleistung für die zwei Flaschen Bamberger Rauchbier, die er Pit mitgebracht hat, einen Glen Keith 21y 1967-1989 Signatory, der ebenfalls sehr sehr gut war, nur kann ich mich absolut nicht mehr an mehr erinnern. 😉

Außerdem räumt Pit noch mit zwei alten Rums unsere Vorurteile gegenüber dem Rohrzuckerschnaps aus dem Weg. Ich gebe zu, ich muss meine Meinung hier nochmal überdenken.

Jetzt ist es aber langsam wirklich mal Zeit für eine Pause, so ganz ganz langsam beginnen wir den Alkohol ein klitzekleines Bisschen zu spüren. Aber draußen im Zelt gibt es deftiges Essen und ein Teller Irish Stew in der Frühlingssonne bringt einige verlorene Kräfte wieder.

Nach der Pause eröffne ich die zweite Runde am Hart Brothers Stand. Hier gibt es auch des öfteren mal spannendes zu entdecken. Der Benriach 21y, den ich mir hier gönne, ist allerdings eher unspektakulär. Nicht übel, aber auch nicht herausragend. Stefan probiert den diesjährigen Messewhisky, einen Clynelish 11y. Nicht übel, aber den letztjährigen reicht er nicht heran.

Weiter geht es bei Bruichladdich. Hier macht man selten was verkehrt, ich hab bislang noch keinen schlechten Whisky der sympathischen Islay-Destille getrunken. Der hier, ein Bruichladdich Deep Sherry 21y, den McEwan speziell für die Messe mitgebracht hat, kann aber wirklich sehr überzeugen. Komplett über die ganze Zeit im Sherryfass gelagert hat er eine tiefst braune Farbe, aber eine überraschend ausgewogenen Geschmack. Der Sherry ist zwar natürlich sehr deutlich da, erdrückt aber nicht alles, wie man vielleicht befürchten könnte. Sehr angenehm.

Die anderen beiden probieren hier noch diverse andere Laddies und Glenfarclas, mit denen sich Bruichladdich den Stand teilt.

Da war ja noch was Рrichtig, der Classic Malts of Scotland Stand, an dem man diesmal den einzigen Gutschein der Eintrittskarte einl̦sen kann. Allerdings nur gegen Standards, was ein wenig albern ist. Der Standard wird bei uns dann der Singleton of Dufftown, der dann auch in etwa genau das ist РStandard.

Ich versuche noch den Caol Ila Cask Strength, der von Diageo im Moment recht massiv beworben wird, bin aber etwas enttäuscht. Zwar ist er nicht schlecht, aber schärfer und leider auch eindimensionaler als die normalen 12 und 18jährigen. Muss nicht sein.

Stefan nimmt den Caol Ila Distillers Edition und der ist immerhin sehr sehr eigen. Ausgebaut im Muskatellerfass hat er eine sehr starke Weißweinnote, sehr süß und sehr eigen. Nicht unbedingt so meins, aber auf alle Fälle ziemlich einzigartig.

Tja, nun wird es leider etwas peinlich. Als nächstes waren wir nämlich an dem Stand eines unabhängigen Abfüllers, der nicht nur eine schöne Auswahl hatte, sondern uns auch sehr beraten hat. Aber mir fällt ums Verrecken nicht mehr ein, welcher Abfüller das war. Auch Details über die Whiskies weiß ich nicht mehr, es ist zum aus der Haut fahren. Ich kann mich lediglich daran erinnern, dass wir dort 2 Bowmores probiert haben, ich einen 23y von 1984 und Petra einen aus dem Jahre 89. Der meine war eher wenig rauchig und hatte eine ziemlich starke Beerennote, der andere war etwas typischer. Aber mehr ist da leider nicht mehr übrig.

Insgesamt war ich jetzt auch an dem Punkt, an dem das Probieren eigentlich keinen richtigen Sinn mehr gemacht hat, weil ich einfach schon zu viele Whiskies getrunken hatte. An sich schade drum, aber die Laune war inzwischen einfach zu gut um aufzuhören. Nur haben die folgenden Drams leider nicht mehr die Wertschätzung bekommen, die sie eigentlich verdient hätten. Dumm, aber nicht zu ändern. Beim nächsten Mal muss das wieder etwas bewusster laufen.

Was hatten wir noch? Bei Munich Spirits gab es für mich noch einen Brora 1972-1993, aus der Connoisseurs Choice von Gordon&McPhail, soweit ich mich erinnern kann ein sehr sehr guter Tropfen. Für Petra war es ein Yamazaki OB 1994-2006, Single Cask (mir persönlich zumindest in dem Moment zu scharf).

Dann zum Abschluss am Whisky-Raritäten-Stand einen Ardbeg 22y von 1974 – richtig dumm, von dem nicht mehr genug mitzubekommen. Aber immerhin hat er klar gemacht, dass die Ardbegs früher einen ganz anderen Charakter hatten als heute. Sehr komplex und nur mit dezenter Rauchnote statt der nun alles dominierenden Torfattacke.

Das wäre eigentlich mein Abschluss gewesen, aber ich wurde noch auf einen Port Ellen Provenace 24y eingeladen, der natürlich auch eher an mir vorbeigegangen ist. Schade um den guten Tropfen.

Danach war dann auch Essen überfällig (sehr gut im Nage & Sauge, gleich um die Ecke) und dazu gab es dann auch nur noch Apfelschorle. Trotzdem war das alles zu viel, wie der nächste Tag dann gezeigt hat. Zum ersten Mal Kater nach Whisky, ein mehr als deutliches Zeichen …

Aber trotz des etwas unrühmlichen Abschlusses war das alles schon ein sehr gutes Festival mit einigen interessanten Ausstellern. Nächstes Jahr auf alle Fälle wieder, dann halt mit etwas mehr Hirn. 😉

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