92. Tasting von Munich Spirits

Line UpMan gewöhnt sich ja an alles. Auch daran, andere Menschen vorwiegend per Video am Computer zu treffen und nicht mehr gemeinsam in einem Raum zu sein. Das fühlt sich in Teilen immer noch nicht richtig an, hat aber auch zweifelsohne Vorteile. Keine Anfahrt zu brauchen, sondern nur den Rechner einschalten zu müssen ist einer. Da wir ein gutes Stück außerhalb der Stadt wohnen, erleichtert das die Teilnahme schon deutlich. Keine Heimfahrt zu brauchen, wenn man Alkohol getrunken hat, ist ein weiterer, der gerade bei einem Tasting mit lauter Abfüllungen in Fassstärke nicht zu vernachlässigen ist. In der Runde die Tische neu zusammenzustellen, könnte man auch in einem Raum abbilden. Virtuell ist das aber zweifelsohne wesentlich einfacher umzusetzen. Diese Mischung schätze ich inzwischen sehr. Der Spaßfaktor war allgemein auch ziemlich hoch, ich denke dass alle ziemlich zufrieden aus dem Call gegangen sind. Zusammengenommen bin ich jedenfalls über das Online-Setup für Tastings tatsächlich gar nicht mal so unglücklich.

Kommen wir also zu den Whiskys:

Strathmill, Munich Spirits, Sherry Butt, 23 Jahre, 51.3%

Bei vielen hat er gut abgeschnitten, bei uns ist er allerdings ziemlich untergegangen. Das mag vor allem an der Bolognese gelegen haben, die wir uns sehr knapp davor noch als Grundlage für den Abend einverleibt haben, und auch daran, dass dieser Whisky eher mit feinen Nuancen als mit der groben Kelle zu überzeugen versucht. Dazu kam erschwerend, dass wir ihm wohl einfach zu wenig Zeit im Glas gegeben haben. Alle wollten loslegen, und so ging der leider zumindest bei uns etwas unter. Außer an recht kräftige Bitternoten wie bei reinem Kakao kann ich mich auch gar nicht so richtig an was erinnern. Deswegen geb ich da auch keine Wertung dazu ab.

Linkwood, Sherry Hogshead, 10 Jahre, 53.8%

Viel besser hat da auf Anhieb der Linkwood funktioniert. In der Nase dominieren Bananenchips alles andere, im Mund geht er von Frucht zu ebenfalls leicht bitteren Noten über, die dem Sherryfass geschuldet sind. Das wirkt alles komplexer und vielschichtiger als beim Vorgänger, auch wenn hier deutlich weniger Jahre im Glas sind. Generell mag ich die Kombination von Sherry und Fruchtnoten aber auch sehr gerne.

Ledaig, Nose Art by Whisky Doris, Bourbon Hogshead, 11 Jahre, 52.6%

Ab Nummer drei gehen wir in Richtung Rauch und mit dem Ledaig auch gleich mal richtig in die Vollen. Rauch aus allen Rohren, aber eher aus der Richtung kalte Asche und Lagerfeuer vom Vorabend als Torf. Dahinter verstecken sich fruchtige Noten, die sich erst nach ein paar Minuten im Glas durchsetzen können. Ein bisschen Schwefel ist ebenfalls dabei. Die Tastingsnotes sprechen von Rhabarber, den aber keiner am Tisch nachvollziehen kann. Im Mund ist er kräftig, der Rauch bleibt auch hier im Vordergrund, im Abgang kommt dann spät eine gewisse Schmelzigkeit dazu.

Je länger er im Glas bleibt, desto mehr verzieht sich der Rauch. Mit ein paar Tropfen Wasser springt der aber interessanterweise sofort wieder in den Vordergrund.

Einige mögen den nicht, ich finde ihn allerdings gar nicht verkehrt, auch wenn das ganz sicher kein Whisky für jeden Tag ist. In der Gesamtwertung des Abends würde ich den auf dem zweiten Platz sehen.

Caol Ila, Abfüllung aus dem Bladnoch Forum, Hogshead, 30 Jahre, 52.6%

Gefolgt wird er direkt vom Gewinner des Abends. Nach dem Ledaig wirkt der beinahe rauchfrei, in der Nase hab ich vor allem warme und volle Honignoten. Wo der Ledaig eher spitz und stechend war, herrscht hier wohlige Vollnasigkeit. Damit kann auch der Geschmack mithalten. Auch der ist kräftig und mundfüllend, aber sehr ausgewogen. Der Abgang ist sehr lang und mit viel Entwicklung. Leicht bittere Noten sind zwischendrin, dann wird er sehr schmelzig. Richtig guter Stoff, der leider schon lange nicht mehr erhältlich ist.

Big Peat Islay blended Malt, Douglas Laing, Christmas Edition 2020, 51.3%

Nach einer Pause geht es mit einem Blended Malt weiter, der nach Beschreibung von Marco zwar selten eine Offenbarung, aber (zumindest in der Weihnachtsabfüllung) aber auch nie ein Fehlgriff sei. Da kann ich nicht ganz mitgehen, der fällt für mich in dieselbe Kategorie wie auch die ganzen anderen Islay-No-Names, die seit Jahren aus dem Boden schießen. Egal ob nun Smokehead, Big Peat oder wie sie alle heißen, im Kern ist das alles viel Rauch um nichts. Torf ist in, also gibt es Torf. Nur eben sonst nichts bemerkenswertes. Keine anderen Noten, keine Entwicklung, kein Abgang. Irgendwo muss man eben das ganze Zeug eben unterbringen, dass man unter den großen Namen nicht verkauft bekommt.

Laphroaig, The Cooper´s Choice, Bourbon Single Cask, 15 Jahre, 52.0%

Schon in der Nase eine völlig andere Nummer. Auch für Laphroaig. Ähnlich wie schon der Caol Ila nach dem Ledaig geht hier nach dem Big Peat der Rauch völlig unter. Ich habe eher cremige Noten, die eine Assoziation an einen Weichkäse auslösen. Nicht unangenehm, aber schon sehr ungewöhnlich für Laphroaig. Jod und Pflaster fehlen dafür völlig, der ist erstaunlich wenig bissig. Dahinter ist irgendwas, worauf ich nicht komme. Weingummi vielleicht? Auch der Geschmack ist überraschend mild. Aber auch hier habe ich eine eigenwillige Note drin, auf die ich nicht kommen will. Irgendwie mineralisch. Auch weihnachtliche Gewürze wie Lebkuchen sind dabei. Ungewöhnlicher Laphroaig, der bei den anderen viel Begeisterung auslöst, mit dem ich aber nicht so richtig warm werde.

Caol Ila, The Single Cask Ltd., 2nd Fill Oloroso Sherry Cask, 13 Jahre, 54.6%

Zweimal Caol Ila an einem Abend, der hier geht allerdings in eine ganz andere Richtung als der erste. Frisch im Glas riecht er wie eine ganze Kiste grüner Äpfel. Mit etwas Luft geht das immer mehr in reife bis überreife Frucht über. Banane mit brauner Schale vielleicht. Noch später dreht er dann immer mehr in Richtung geräucherter Speck. Im Mund ist der sehr voluminös und verträgt etwas Wasser. Der Torf ist gut eingebettet und tritt nie zu weit nach vorn. Durch das Olorosofass gibt es auch hier eher bittere als süße Noten dazu. Fein!

Port Charlotte, Private Bottling WhiskyMania, Fresh Sherry, 10 Jahre, 64.4%

Der Abschluss polarisiert wieder. Ich finde den für Port Charlotte nicht so ungewöhnlich, es gibt neben kräftigem Torf und Schinken vor allem Leder, rote Früchte und auch Schwefel. Mit dem hat der eine oder andere Probleme, für manche wird er gar untrinkbar. Ich hingegen empfinde den gar nicht als so extrem, was aber sicherlich auch damit zu tun hat, dass wir ihn am Ende einer Reihe von Whiskys trinken, die alle nicht gerade in die Kategorie mild und zurückhaltend fallen. Ich schenk mir zum Vergleich einen Schluck von dem 5jährigen Port Charlotte ein, der bei mir im Regal steht und der mir tatsächlich meistens zu kräftig ist. Der gibt sich aber zu dem Zeitpunkt ebenfalls gut trinkbar, was diese Theorie bestätigt. Was aber mehr überrascht – der Jungspund verweist diese Abfüllung im direkten Vergleich tatsächlich auf die Plätze, was vor allem an der Sache mit dem Schwefel liegt. Trotz der geringeren Reife wirkt der PC5 runder und ausgewogener. Was den 10jährigen aber nicht schwächer macht.

Nach dem offiziellen Teil geht es in kleinerer Runde noch etwas weiter, bevor wir ein weiteres gelungenes Tasting beenden.

Danke an Marco, auch für das Abfüllen und Versenden der ganzen Proben!

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