23. Tasting von Munich Spirits – Pit’s Reserven

Es gibt im Großen und Ganzen zwei Arten von Tastings: die, die einen beim Einkaufen helfen und die, die einem zeigen, was in der Welt des Whiskies möglich ist. Dieses Tasting fiel eher in die zweite Kategorie, auch wenn die verkosteten Tropfen zumindest zum Teil noch zu halbwegs erträglichen Preisen erhältlich sind.

Pit, der schon länger nicht bei den Tastings in München dabei war, hatte für diesen Abend mal wieder seine Sammlung nach Außergewöhnlichem durchforstet und damit – so viel kann ich schon vorweg nehmen – die Anwesenden durch die Bank überzeugt. Wie verschieden die Geschmäcker auch sein mögen, an diesem Abend war für jeden was dabei.

Zur Begleitung gab es einen Film über ein Projekt, das man zusammen mit den Veranstaltern der Finest Spirits in München ins Rollen gebracht hat, und von dem ich noch nicht zu viel verraten will. Aber die Worte Ayinger, Schottlandreise und spezielle Abfüllung seien hiermit in den Raum geworfen. Macht euch euren eigenen Reim daraus 😉

Nun aber zu den Whiskies. Zur Eröffnung gab es gleich mal etwas sehr Spezielles. Der Matte Valley ist ein 100% Corn Whiskey, also vollständig aus Mais gebrannt und nicht wie bei Bourbons üblich aus einer Mischung aus Mais und Getreide. Das macht ihn vergleichsweise leicht und süßlich und bringt statt Holz- sehr starke Fruchtnoten hevor. Mich hat das sehr stark an Obstler erinnert, andere waren beim Birnenbrand. Sehr untypisch, mit einem recht übersichtlichen Abgang, aber nicht uninteressant. Obendrein in einem schönen Tonkrug, welcher anscheinend im Moment auf Ebay leer mehr Geld bringt als voll. Da könnte man mit Trinken noch was verdienen …

Nummer zwei war dann der Schwenk zu den Single Malts, hier mit einem Whisky, der vielleicht der am wenigsten spannende des Abends war, aber den Übergang sehr leicht gemacht hat: Balvenie, OB, 1980–2000, ‘15y-Series’, Cask 15676, 50,4%. Balvenie ist für solide, aber nicht besonders ausgefallene Whiskies bekannt, die sich Ideal für Einsteiger eignen. Dieser hier hat mehr Charakter zu bieten, hält sich aber auch von Extremen fern. In der Nase eher dezent, mit Honig und leichten Krautnoten, auf der Zunge dann kräftiger, mit würzigen und eher dunklen Geschmacksnoten. Sowohl Geruch wie auch Geschmack werden mit der Zeit schwerer, ein bisschen Luft tut ihm durchaus gut. Das alles ist recht ausgewogen, wie man es von der Destillerie kennt, zeigt aber doch, dass man auch charaktervolle Tropfen herausbringen kann.

Zwischen drin gibt es für Interessierte (also unter anderem mich) eine völlig andere Richtung zu probieren. Pit hat einen fünfzehnjährigen Single-Cru-Cognac dabei, einen Pitaud Petite Champagne. Zwar ist der Geruch nach dem Balvenie ein leichter Schock – eher leimig und holzig – aber der Geschmack ist gar nicht mal so weit von Whisky entfernt, wie man meinen sollte. Auf einen Cognac wäre ich nicht unbedingt gekommen. Sehr trocken und für mich auch einen Tick zu flach, trotz des Alters. Muss ich letztlich wohl nicht haben.

Zurück zum Whisky. Ab jetzt wurde es richtig geil und zwar durchgehend. Der dritte Whisky des Abends war ein Glenturret, OB, 1966, Pure Single Malt Real Gold Flacon, 43%, und der hat mich schon mal ziemlich begeistert. Allein der Geruch war schon ganz großes Tennis, vollmundig, cremig und mit viel Tiefe. Im Mund eine wunderbar schmelzig, sehr ausgewogen, mit Spuren von Nuss und Eichenholz, der sich langsam immer weiter verändert hat, bis er sich mit einer leichten Süße verabschiedet hat. Recht komplex und sehr eigen, so was mag ich richtig gern!

Auf diesem Niveau ging es weiter, wenn auch in eine sehr andere Richtung. Ben Nevis, OB, 25 Jahre, 1966-1991, 54%. Ein extrem durchdringender Geruch mit Früchten und Lebkuchen. Pit riecht hier Currynoten, die ich allerdings nicht gefunden habe. Geschmacklich extrem komplex mit einer starken Entwicklung. Da war so viel drin, dass ich gar nicht sagen kann, was alles. Leder war definitiv dabei, auch Pilze und Wald. Sehr langer Abgang. Insgesamt ein wirklich beeindruckender Tropfen. Und was auffällt: trotz seiner Stärke und seines ausgeprägten Geschmacks extrem mild.

An dieser Stelle war es nun an der Zeit für die Pause und das Essen hat durchaus dabei geholfen, die Fassung nicht zu verlieren.

Oft genug habe ich schon geschrieben, dass der erste Whisky nach dem Essen einen schweren Stand hat. Deswegen gab es bei diesem Tasting einen, der sich der Aufgabe gewachsen zeigen kann. Lochside, The Whisky Agency, 1981-2010, Ex-Bourbon Hogshead, 183 Fl., 54%. Schon die Beschreibung, mit der er ins Rennen geschickt wurde, klang recht vielversprechend: „Man mische einen guten Rotwein und einen guten Riesling in einer Industriehalle, die direkt am Meer liegt.“ Ah ja. Was das wohl ergeben mag, vermag ich nicht zu sagen. Meer war definitiv zu erriechen und auch zu erschmecken, dazu Erde und Beeren. Ob das die Mischung von Rotem und Riesling ergibt? Ich weiß es nicht, nur, das dieser sehr sehr wuchtige und kräftige Whisky, der durchaus Wasser vertragen kann, sich tatsächlich auch nach öligen italienischen Antipasti behaupten kann. Respekt!

Weiter zu einer meiner Lieblingsdestillerien. Glenlivet war der erste Single Malt, den ich bewusst getrunken habe und von dem her wird mich immer was mit dieser Marke verbinden. Auch wenn sie bei vielen für Massenmarkt und unspektakuläre Abfüllungen steht. Dass es auch völlig anders geht, zeigt der Glenlivet, John Milroy, 1970–1999, Single Dark Sherry Cask, 56%. Und wie! Schon der Geruch ist kräftig von Sherry geprägt, dabei aber keine Spur von Muffigkeit oder Alter. Er riecht jünger als er ist. Das setzt sich auch im Geschmack fort. Hier gibt es keine alten Ledersofas, die in holzvertäfelten Zimmern vor einem Kamin stehen, sondern eine eher jugendliche, aber extrem ausgeprägte Sherrywalze mit viel Kirsche und anderer Frucht. Das alles erreicht bei Weitem nicht die Komplexität des Glenturret oder des Ben Nevis, überzeugt deswegen aber nicht weniger. Hier ist auf eine ganz eigene Art alles genau so, wie es sein sollte!

Auch der nächste Whisky zeigt wieder ganz eigenen Charakter. Clynelish, The Whisky Agency, 1972–2010, Sherry Hogshead, 45,8% ist angesagt. In Tastings hat er sehr gut abgeschnitten, bei mir kommt er aber nicht ganz an die Vorgänger ran. Statt Früchten sind die Assoziationen hier karge Landschaft, Regenwetter oder auch die kühle Luft in einer alten Kirche. Ein „Schietwetterwhisky“, den man sich gut nach einer Regenwanderung in Schottland vorstellen kann, eingehüllt in ein paar Tweetdecken. Ich muss noch anmerken, dass meine Eindrücke hier teilweise recht deutlich von denen der anderen abgewichen sind. Bienenwachs und Honig konnte ich genau so wenig finden wie Früchte und Gewürze. Vielleicht hatte ich einfach was anderes im Glas. 😉

Einigkeit herrschte aber schnell wieder beim offiziell letzten Whisky des Abends. Ardbeg 1966/…/1994, C.V.-Bottling Regensburger Whisky- und Weinclub ‘The Merry-Go-Round’, finished in Ardbeg 1975 Cask and Sherry Octaves, 47,3% ist ein Experiment. Pit hat dafür Teile seiner Sammlung alter Ardbegs gemischt und das ganze noch mal in einem Fass nachgelagert. Auch wenn das Ergebnis nicht so überragend sein mag, wie man aufgrund der verwendeten Whiskies hoffen durfte – eine Enttäuschung ist es nicht. Spannend finde ich bei diesem Versuch die deutliche Zweiteilung: Zuerst bekommt man die volle Ladung Torf und Schinken, mit viel Muskeln direkt in den Magen. Dann aber schwenkt der Geschmack auf einmal um und geht in Richtung der alten Ardbegs, als man sich noch nicht über Torfattacken definiert hat, sondern tiefgründige und komplexe Holz- und Fruchtnoten zu finden waren.

Eigentlich kann nach diesem Whisky nichts mehr kommen, aber es sollte noch einen geben. Als Spende aus persönlichem Anlass zum Feiern wurde ein Easan Biorach gereicht. Dahinter verbirgt sich ein Arran, der 10 Jahre in einem Sherryfass verbracht hat. Nicht einfach nach dem Ardbeg und das Glas wollte auch mehrfach gespült werden, bis es nicht mehr nach Räucherkammer gerochen hat. Wäre aber vielleicht gar nicht nötig gewesen, denn dieser Arran bringt einen extrem selbstbewussten Sherrygeruch mit, der problemlos das Regiment übernimmt. Der Geschmack bleibt auf dieser Linie und kommt wuchtig und trocken im Rachen an. Hier nun aber in genau der anderen Ausprägung als der Glenlivet vorhin. Während der jünger gewirkt hat, als sein Alter vermuten ließ, wirkt der Arran älter. Hier haben wir die genannte Ledercouch, samt dicken Teppich und Holzvertäfelung. Beeindruckend für einen zehnjährigen.

Leider musste ich mich an dieser Stelle nun verabschieden, um meine Bahn zu bekommen, was weiteres Fachsimpeln abrupt beendet hat. Aber man sieht sich ja wieder. Ganz sicher!

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