Schottischer Single Malt erfreut sich noch nicht lange seiner aktuellen Beliebtheit. Vor ein paar Jahrzehnten war Whisky eher ein ausgefallenes Getränk und wenn es denn welchen gab, dann war es ein Blend. Dass es so etwas wie Single Malts überhaupt gibt, wussten nur absolute Freaks. Aus solchen hat sich in den 70er Jahren die Scotch Malt Whisky Society gebildet, die seitdem Fässer aufkauft, als Einzelfassabfüllung in Flaschen zieht und ihren Mitgliedern exklusiv zum Kauf anbietet. So exotisch wie damals ist das heute zwar nicht mehr, aber da man sich nach wie vor vollständig auf einzelne Fässer konzentriert, stellt die SMWS auch heute noch eine Besonderheit dar.
Eine Auswahl aus dem aktuellen Sortiment, unterlegt mit einigen Informationen über die Society und ihre Hintergründe, gab es also diesmal zu verkosten – fachgerecht und kurzweilig präsentiert von Ralf Dänzer, dem Ambassador der SMWS in Süddeutschland.
Ach ja, aus Markenrechtlichen Gründen tragen die Abfüllungen keine Destillerienamen, sondern sind durchnummeriert (wobei eine Nummer für die Destillerie steht, die andere durchlaufend für die Abfüllung). In Zeiten des Internets ist es aber kein Problem mehr, die richtigen Namen zu den Zahlen zu recherchieren, weswegen ich selbige hier angebe. Die SMWS möge es mir verzeihen.
Die Eröffnung machte die Nummer 125.46 mit dem schönen Namen „Bright and vivacious“, hinter der sich ein Glenmorangie verbirgt, der seit 2000 11 Jahren in einem first fill bourbon cask verbracht hat und mit 55,8% in die Flasche gekommen ist. In der Nase gibt es dezente Frucht und Holznoten. Das Bourbonfass kommt deutlich heraus. Bei der Frucht bin ich mir nicht ganz sicher, unreife Bananen wären mein Tipp. Im Mund steigt er direkt in die Nase auf, in der Hinsicht erinnert er mich etwas an Sekt. Im ersten Moment ist er recht scharf, aber mit dem Prickeln in der Nase verfliegt das recht schnell und macht einem leicht süßlichen Abgang Platz, der leider eher kurz ist. Zum Schluss kommt eine angenehme, leichte Bitterkeit und eine Cassisnote dazu. Gefällt mir sehr gut, die Entwicklung ist zwar kurz, aber deutlich und interessant.
Mit etwas Wasser bekommt er einen leichten Heugeruch, verliert im Geschmack seine Schärfe und bekommt dafür eine leichte Cremigkeit. Sehr schöner Einstieg.
In der zweiten Runde geht es in eine ganz andere Richtung. Nummer 19.49 nennt sich „Salty toffee on a carpenter’s workbench“. Die Assoziation ist gut, denn in dem stechenden Geruch findet sich einiges Salz und eine medizinische Note, die an Pflaster erinnert. Es handelt sich hier um einen Glen Garioch aus dem Jahre 1988, 21 Jahre alt aus dem Refill Hogshead, mit 52,3%. Der Geschmack ist recht bitter und adstringierent, ein Schulranzen aus Leder kommt in den Sinn. Hier entwickelt sich die Schärfe erst später, ganz zum Schluss könnte man das Toffee ahnen. Wasser entschärft ihn deutlich, aber auch so fehlt mir hier das Gegengewicht im Geschmack. Eine andere Note wäre schön, Süße zum Beispiel. So ist der zwar nicht übel, wird aber an diesem Abend auf dem letzten Platz landen.
Dafür geht der nächste in eine Richtung, die mir sehr gut gefällt. Nummer 7.58 mit dem Titel „Mandarin dreams and marmalade heaven“ ist ein Longmorn, 19 Jahre im refill barrel gelagert, 1990 destilliert und mit 51,4%. Die Mandarine springt einen im Geruch direkt an, volles Fruchtaroma, eher sanft aber dafür ziemlich tiefgründig. Die Frucht bleibt auch im Rachen, recht schmelzig mit einem klein wenig Feuer im Hals und bitterer Orangenmarmelade im Abgang, womit wir wieder beim Titel wären. Schöne Entwicklung und ein erster Anwärter auf den Tagessieg.
An dieser Stelle gibt es eine kleine Programmänderung. Um seinen 40er zu begießen, hat einer der Stammgäste bei den Tastings ebenfalls eine Flasche der SMWS-Reihe dabei und lässt diese die Runde machen. Die Nummer der Abfüllung weiß ich leider nicht mehr, aber die Destillerie hatte die 26 und damit war es ein Clynelish, in diesem Falle 18 Jahre alt, mit 52,9% und ebenfalls aus dem refill barrel. Ein scharfer, intensiver Geruch mit viel Banane (diesmal reif), im Geschmack hingegen leichte Anflüge von Rauch. Kräftiges und wärmendes Aroma – aber wonach er eigentlich geschmeckt hat, kann ich gar nicht wirklich sagen. Ich hatte einfach keine Assoziationen. Aber gut war er trotzdem.
Zeit für eine Essenspause und die üblichen Antipasti, die wie immer gelungen waren aber mit Essig und Öl die Boden für den nächsten Whisky wieder mal sehr unwegsam gemacht haben. In diesem Fall war das die Nummer 39.76, ein Linkwood mit dem simplen Titel „Delish“. Satte 27 Jahre alt, 1982 destilliert, aus dem refill hogshead und mit immer noch stattlichen 56,3%. In den Tastingnotes findet sich Vanillepudding, den ich aber gar nicht nachvollziehen kann. In der Nase Zitrusfrüchte, etwas Salz und nach einiger Zeit im Glas Heidekraut. Geschmacklich mit deutlichem Alkohol (lag aber wohl am Essen davor), bitter, trocken und mit einem eher kurzen Abgang. Wasser hat einiges verbessert, dadurch bekam er auch eine leichte Cremigkeit (vielleicht hier der Pudding?). Wie auch immer, gegen das Essen konnte er sich leider nicht durchsetzen und fiel bei uns am Tisch eher durch.
Der nächste Kandidat, Nummer 76.78 – „Foamy bananas dipped in cayenne pepper“. Das klang schon mal spannend. Ein Mortlach, 1995 destilliert, aus einem first fill sherry butt (und dafür erstaunlich hell), 15 Jahre alt und mit 55,8%. In der Nase kam der Sherry ebenfalls nur dezent raus, Leder stand im Vordergrund. Die Banane konnte ich erst mit etwas Wasser erriechen. Vom Geschmack her überraschend wenig süß, der Sherry gut eingebaut. Hier kam die Banane deutlicher raus, aber eher gebackene Banane mit Honig, wie beim Chinesen zum Nachtisch. Ganz hinten nach einem langen Abgang dann tatsächlich auch der Pfeffer. Dieser Whisky verträgt Wasser und damit kamen die Geschmacksnoten dann auch deutlicher raus. Hier hätte die Schokolade gut gepasst, die es am Tisch gegeben hatte, aber die war schon gegessen.
Die beiden rauchigen Vertreter kamen sinnigerweise zum Schluss. Der erste der beiden mit der Nummer 53.145 und dem Titel „The Hebrides in a glass“ war ein Caol Ila, 20 Jahre alt, aus einem refill hogshead, 1989 destilliert und mit 57,8%. Im Geruch erst mal recht typisch, mit Schinken im Vordergrund (allerdings nicht übermächtig) und leichten Noten von Südfrucht dahinter. Mit der Zeit wurde der Geruch deutlich medizinisch. Geschmacklich keine Torfattacke, sondern recht auswogen und mit gefährlich wenig Alkohol. Mit dem Whisky kann man sich einen verregneten Herbsttag ziemlich gut vertreiben. Schöner Tropfen.
Die Torfattacke hatten wir eigentlich zum Schluss erwartet, denn 29.101 trägt den Titel „Tarred, feathered and set on fire“ und ist ein Laphroaig mit 10 Jahren und satten 62,8%, 2000 destilliert, aus dem refill ex-sherry butt. Geruchlich war es aber eine klare Überraschung. Torf und Jod hielten sich am Anfang zurück und kamen erst heraus, nachdem man das Glas in der Hand kräftig aufgewärmt hatte. Die erste Nase hat eher an Klebstoff erinnert und war an sich eher enttäuschend. Das hat der Geschmack aber mehr als wett gemacht. Kräftiger Torf, aber durch das Sherryfass gut eingebaut, mit einer sehr schönen leichten Süße dahinter. Ein Whisky für lange Winterabende vor dem Kamin, den er geschmacklich gleich mitbringt, wenn man keinen hat. Mein klarer Gewinner des Abends, obwohl ich gar nicht mehr so sehr auf die torfigen Whiskies stehe. Aber hier war alles richtig.
Damit war der offizielle Teil beendet. Zwei Absacker waren noch dabei, ein weiterer Laphroaig von The Perfect Dram (Schwefelattacke!) und eine sehr sehr ungewöhnliche Glenfarclas-Einzellfassabfüllug des Kollegen neben uns am Tisch. Im Geruch eher Obstbrand als Whisky, mit viel Frucht und wenig Getreide, von der Farbe sehr blass und geschmacklich auch eher ungewöhnlich. Die Auflösung war ein Glenfaclas aus dem Bourbonfass, 12 Jahre alt, unheimlich mild und im Großen und Ganzen auch ziemlich toll. Respekt! (weitere Infos dazu gibt es hier → Kaleu’s Own #3)
Und trotzdem – auch wenn die Arbeit der SMWS sehr sympathisch finde und die Whiskies durchaus überzeugen konnten – ich werde trotzdem eher bei den Standardabfüllungen bleiben. Vor 30 Jahren sah es noch anders aus, aber heute ist das Angebot an tollen und dabei erschwinglichen Whiskies einfach sehr breit. Einzelfassabfüllungen liegen da preislich deutlich drüber, da das Aufwand für die geringen Stückzahlen natürlich sehr viel höher ist. Diesen Aufpreis können sie meiner bescheidenen Meinung nach aber geschmacklich nicht aufwiegen. An dieser Stelle überwiegt eindeutig die Liebhaberei. Und soweit geht es bei mir dann doch nicht.