Finest Spirits 2018

Wer meinen Blog schon länger liest, dem wird nicht entgangen sein, dass sich meine Liebe zur Finest Spirits über die Jahre hinweg etwas abgekühlt hat. Vom „Ereignis des Jahres“ war die Messe letzthin doch ein gutes Stück entfernt. Dieses  Mal hatte ich aber aus einem nicht näher definierten Grund wieder richtig Lust. Ob es nun meine entspannte Einstellung war oder die Messe selber, ich kann nicht leugnen, dass ich wieder so richtig Spaß hatte. Und das, obwohl einige Freunde und liebe Bekannte den Termin ausfallen lassen mussten.

Das galt unter anderem auch für Pit Krause von Slowdrink, der zwar wohl privat auf der Messe war, aber nicht mehr mit seinen Monster Malts am Stand von Munich Spirits. Auch wenn sich da ausgesprochen positiv auf meinen Geldbeutel ausgewirkt hat, war das doch eine ziemliche Enttäuschung. Noch mehr, weil wir ihn auch insgesamt verpasst haben und damit nicht mal zum Quatschen und Fachsimpeln gekommen sind.

Ansonsten gab es keine großen Veränderungen zum letzten Jahr. Das Verhältnis von Whisky zu anderen Spirituosen hat sich immerhin nicht weiter verschoben, es waren auch viele bekannte und geliebte Stände wieder vertreten. Das fühlt sich immer hin vertraut an. Was die Menge der Besucher angeht, war es – zumindest am Freitag – angenehm ge- aber nicht überfüllt. Bis auf ein paar enge Stellen sind wir überall gut durch- und auch rangekommen, für Schwätzchen an den Ständen hat sich auch immer noch Zeit gefunden.
Keine Kritik auch am Catering, das Essen war sehr gut, wenn auch nicht mehr ganz warm.

Writer's TearsZu den Getränken. Diesmal gab es 5 Gutscheine zur Eintrittskarte, davon immerhin 4 Whiskys. Einen davon nehmen wir nach dem Reinkommen, um die Geschmacksnerven an den Alkohol zu gewöhnen. Diesen Einstieg machen wir bei den Iren von Writer’s Tears, der mir bislang unbekannt war und den ich eh mal probieren wollte. Geht in Ordnung, ein fruchtiger, leichter, irischer Standard. Weit laufen würde ich dafür nicht, aber trinken kann man den natürlich.

WatershedWir bleiben Irisch, ein paar Stände weiter gibt es Tipperary. Der wurde uns bei Munich Spirits schon empfohlen, außerdem ist die Tochter vom Chef selber am Stand und redet sich bereitwillig den Mund fusselig. Wir probieren zwei ihrer Abfüllungen, Watershed und Knockmealdowns. Der erste ist eher leicht, dabei aber nicht flach, mit deutlichen Gewürznoten, die ihm etwas sehr eigenes geben. Der zweite ist pfeffrig, herb und kräftig und führt dazu, dass der andere nach nichts mehr schmeckt, wenn man durchwechselt. Beide gefallen uns ausgesprochen gut, Irland kann also  einmal mehr mit Newcomern punkten.

KnockmealdownsBeim Weiterschlendern kommen wir bei Benromach vorbei. Von denen gäbe es einen Gutschein für deren Standardabfüllung, die ich aber schon kenne. Was ich aber nicht kenne, ist der Benromach 10 100° Proof, den sie ebenfalls am Stand haben. Eine Lücke kann damit geschlossen werden, also her damit. Kein Überflieger, aber die zusätzlichen Prozente schaden auf keinen Fall. Kräftiger Whisky mit trockenem Sherry drin, kann man gut machen.100 Proof

Ilha de MadeiraDann passiert etwas, was zum Highlight des diesjährigen Besuchs führt. Wir treffen Sebastian, den wir von Tastings kennen, und wollen Messetips austauschen. Er ist gerade begeistert von Rum und unsere Antwort, dass wir mit ebendiesem nicht wirklich viel anfangen können, will er nicht stehen lassen. Also schleift er uns zum Stand von Rum Nation und führt uns zusammen mit einem der Standbetreiber durch einen Teil ihrer Range. Wir starten mit zwei New Makes, einmal Ilha de Madeira und der andere Worthy Park. Engenho NovoDie gibt es umsonst, denn die sind nur als informative Ergänzung gedacht. Der Ilha des Madeira schmeckt und riecht schon mal gar nicht nach Rum, sondern erinnert mich extrem an Grappa. Beim Worthy Park ist das schon typischer, das geht schon genau in die Richtung Backaroma, die mich beim Rum immer abschreckt. Nun aber zu den tatsächlichen, gereiften Abfüllungen. Engenho Novo ist die erste und genau wie der New Make wieder ziemlich untypisch für das, was ich mit Rum verbinde. Kaum Süße, keine Rosinen, unter dem Worthy ParkStrich sehr gut trinkbar. Der nächste ist der Worthy Park, bei dem der New Make ja eher typisch war. Der gereifte geht allerdings in eine komplett andere Richtung und erinnert mich weder an Rum, noch an irgendeine andere Spirituose. Wir können den nicht zuordnen, aber sind uns einig, dass der geil ist. Richtig geil sogar. So sehr, dass der heute statt einem Whisky mit uns heim geht. Ein Rum. In meinem Regal. Messe kann zu.
Aber wir sind hier noch nicht durch.Port Mourant Port Mourant ist der dritte Erwachsene und der exklusivste. Auch der ist spannend und völlig anders, als alles, was ich mit Rum verbinde. Aber hier ist irgendwas drin, was für mich nicht passt. Ich würde es unter Fehlnote einordnen, Sebastian ist empört. Vielleicht zu Recht, aber der kommt bei mir über ein interessant nicht hinaus. Die Empörung hält sich dank der absolut erfolgreichen Überzeugungsarbeit dann ja auch in Grenzen. Danke für die Bewusstseinserweiterung!

Gestärkt mit einer Portion Pulled Pork Burger werfen wir uns wieder ins Gefecht. Der Balvenie-Gutschein wäre jetzt OK, um die Knospen auf der Zunge wieder zu neutralisieren, aber nachdem deren Stand von mehreren Reihen Trinkwilliger blockiert ist, wird es dann eben doch der Bowmore 10. Kenn ich, mag ich, kann man machen.

Old DunluceAlso weiter zu einem der Pflichtstände, nämlich dem der Single Cask Collection. Wo wir heute schon mehrfach bei Irland waren, mache ich da gleich mit einem Old Dunluce weiter, der in Wahrheit ein Bushmills in Fassstärke ist, aber geschmacklich dann doch recht typisch. Schöner Standard mit etwas mehr Umdrehungen. Pe nimmt einen Glentauchers Dark Sherry. Wenn man auf Sherryattacke steht, dann wird man hier glücklich, in der Kategorie kommt der schon sehr weit oben. Meins ist das aber bekanntermaßen nicht. Glentauchers

Nach dem Vortasting gestern schleife ich die anderen natürlich noch nebenan zum Stand von Villa Konthor, ich liebäugle ja auch immer noch mit dem Westport und dem Clynelish.  Beide werden hier auch nochmal verkostet und wäre uns der Rumstand nicht in die Quere gekommen, wäre auch einer von beiden mit uns heim gegangen. Vermutlich der Westport. So kaufen wir nur Schokolade.

So, der Abend ist inzwischen fortgeschritten, die Oma will von ihren Babysitterpflichten erlöst werden und wir suchen uns noch einen Absacker, bevor wir uns auf dem Weg zum Zug machen. Den nehme ich bei Munich Spirits in Form einesSpringbank Springbank aus dem Rumfass, was ja auch irgendwie zum Abend passt. Wie nicht anders erwartet ist der auch richtig edel und toll, kommt aber für die Sensorik doch schon etwas spät, weswegen ich ihn dann doch nicht mehr in der Form würdigen kann, wie er es verdient gehabt hätte. Sei’s drum, es war ein feiner Besuch, der sich mal wieder richtig gelohnt hat.

Diesmal zweifle ich auch nicht daran, ob ich im nächsten Jahr wieder kommen werde.