Klingeling – „MONSTER MALT!“ Mit diesem schönen Ruf und einer Glocke wurde am Stand von Munich Spirits bekanntgegeben, wenn einer der 8 „Monster Malts“ ausgeschenkt wurde. Damit waren die besten Tropfen gemeint, die am Stand von Munich Spirits zu finden und deswegen extra auf einem eigenen Display angerichtet waren. Allein damit hätte man sich schon arm und glücklich trinken können. Aber es gab natürlich auch abseits von diesen Tropfen noch einiges zu entdecken.
Aber eins nach dem anderen. Die Whisky & Bar Messe Finest Spirits ist inzwischen nicht nur fest in München etabliert, sie wächst auch von Jahr zu Jahr an. So war es vielleicht gar nicht so ungünstig, dass das Technikforum im Deutschen Museum aufgrund von Umbauarbeiten in diesem Jahr als Veranstaltungsort nicht zur Verfügung stand und man ein weiteres Mal umziehen musste. Diesmal ins MVG-Museum, das nicht nur ausreichend Platz, sondern auch eine recht charmante Umgebung geboten hat. Dort kann die Messe nun von mir aus bleiben.
Insgesamt kann man einen weiteren Zuwachs an Eventpublikum beobachten. Das liegt sicherlich auch daran, dass es nicht mehr nur Whisk(e)y, sondern zunehmend auch andere Spirituosen und auch Drinks zu finden gibt. Vor allem aber wohl daran, dass die Messe in den lokalen Medien und in der Mundpropaganda kräftig als Kult beworben wird. An sich ja auch nicht weiter dramatisch, denn vielleicht wird ja aus so manchem Eventgast doch ein Liebhaber. Die anderen sammeln sich hauptsächlich an den Ständen, an denen die Standards gehandelt werden, die uns inzwischen kaum mehr interessieren. Bei den unabhängigen Abfüller und Raritätenhändlern, bei denen es wirklich etwas zu entdecken gibt, kann man zwar auch Zuwächse verbuchen, aber trotzdem bleibt die Lage hier schon deutlich übersichtlicher, was auch Zeit für längere Gespräche und Fachsimpeleien lässt. Aus Besuchersicht sehr angenehm.
Auffällig ist weiter der Zuwachs an deutschen und österreichischen Whiskies. Hier spürt man den Boom oder Hype, den Whisky in den letzten Jahren zu verzeichnen hatte, schon recht deutlich. Auf den letzten Messen waren das noch ein paar Exoten, nun gibt es an jeder Ecke einen entsprechenden Stand. Vorwiegend handelt es sich dabei um eher junge Produkte und auch Destillerien. Von dem her kann man da natürlich nicht zu viel erwarten. Aber wer weiß, mit der Zeit wird es möglicherweise auch hier Produkte geben, die mit der übermächtigen schottischen, amerikanischen und japanischen Konkurrenz mithalten können.
Gleich als ersten Stand findet man den von Munich Spirits. Diese Platzierung sorgt zusammen mit dem umfangreichen Sortiment von einfach bis richtig exklusiv für ordentlich Andrang, die Schwätzchen muss man schon abpassen. Hier soll nun auch gleich unser Einstieg sein, denn die Auswahl wie auch die Empfehlungen von Peter Krause waren es immer wert, sich hier länger aufzuhalten. Ins Auge fallen dabei nicht nur die bereits erwähnten Monster Malts, sondern auch etliches andere. Es sieht schon wieder nach einem teuren Abend aus…
Aber andererseits muss man natürlich auch noch ausnutzen, dass die Geschmacksnerven noch frisch und aufnahmefähig sind; und so steigen wir gleich mal mit einem Monster Malt sein. Bruichladdich 1970 OB, Bottled 2002, 44,2 % und eine klare Empfehlung von Pit, der ihn als einen der besten Laddies überhaupt anpreist. Da kann ich als Fan natürlich nicht nein sagen – und werde auch nicht enttäuscht. Hier wird die Latte gleich mal richtig hoch gelegt. Er wirkt stärker als die 44 % vermuten lassen, ist dabei aber nicht scharf, sondern sehr ausgewogen. Wunderbar komplexer Geschmack, bei dem man in alle Möglichen Richtungen eintauchen kann und die verschiedensten Noten findet. Fruchtig und schmelzig, dabei mit einem langen und warmen Abgang. Schon mal ein sehr toller Tropfen, der zu recht hervorgehoben wird. MONSTER MALT!
Weiter geht es. Eigentlich ist der Plan, gleich mal den ersten von den 4 Gutscheinen loszuwerden, die man mit der Eintrittskarte bekommen hat. Die werden diesmal aber nicht an den entsprechenden Ständen eingelöst, sondern an eigenen Stationen, vor denen sich bereits lange Schlangen gebildet haben, die dann im Akkord abgearbeitet werden. Nicht sehr attraktiv, das verlagern wir auf später.
Beim Vorbeischlendern fällt mir der Redbreast 12 y.o. auf. Wurde mir schon oft als der beste Ire empfohlen (was insgesamt natürlich auch nicht so schwer ist), aber bislang bin ich nie dazu gekommen, ihn zu probieren. Nun aber soll es soweit sein. Auch hier werde ich nicht enttäuscht, auch wenn das Rotbrüstchen natürlich weit hinter dem Laddie von gerade eben zurückbleibt. Trotzdem ist das ein schöner Sommerwhisky, mit viel Frucht (vor allem Apfel) und Sonnenschein drin und dazu ganz leichten Sherry- und Vanillenoten. Hat durchaus das Potential, den Connemara als meine Nummer 1 bei den Iren abzulösen. Da werd ich mir vielleicht mal ein Fläschchen ins Regal stellen, wenn die beiden Bushmills dort mal leer sind. Was vermutlich noch dauern wird, denn oft kommen die da nicht raus.
Zwischendrin treffen wir einige Bekannte und Freunde und kommen kaum mehr zum Trinken. Dafür geht eine Sherryprobe herum, denn wir stehen gerade am entsprechenden Stand, der recht freigiebig Proben von zwanzigjährigem Pedro Ximenes verteilt. Beinahe schwarz, dickflüssig, ja fast ölig und extrem süß. Nach dem Ausspülen sieht das Glas immer noch aus, als wäre Whisky drin. Muss man mögen, ist aber schon nicht übel. Schmeckt fast wie eingekochter Portwein und den kann ich mir ab und an schon geben.
Einer der Gutscheine ist mal wieder von Gansloser, einer Obstbrennerei, die inzwischen ein fester Vertreter auf der Messe ist. Die Schlange ist akzeptabel und große Beratung brauch ich da eh nicht, wir haben uns in den Vorjahren schon die Infos dazu geholt. Ganz rechts außen bei den angebotenen Flaschen erspähe ich einen Ingwergeist. Das klingt abgefahren genug, um es auszuprobieren! Der Geruch ist dann auch gleich mal ein richtiger Angriff auf die Geruchsnerven. Ingwer eben, und der kommt deutlichst raus, wie bei Gansloser auch zu erwarten. Mit Bedacht nehme ich den ersten Schluck – wumms. Fies! Aber nur im ersten Moment, dann entwickelt er durchaus Charme und das auch lang anhaltend. Erinnert mich sehr stark an das Ginger Beer, das wir in Sri Lanka getrunken haben. Ganz klar, den Geschmack muss man wirklich mögen und auch dann ist das nichts für jeden Tag. Aber wenn man was ausgefallenes sucht, dann ist das hier schon eine Kandidat.
Nun brauch ich dringend eine frisches Glas und gern auch wieder einen Whisky. Da kommt uns der Stand von Lothar Langer gerade recht. Bei dem lassen wir inzwischen auch jedes Jahr ganz gut Geld, wurden aber auch noch nie enttäuscht. Nach einem kurzen Gespräch kommt Herr Langer dann auch gleich mit einem heißen Tipp an, der aber natürlich auch wieder mal nicht für Zweifuffzisch über den Tisch geht: Ein Cardow 23 y.o. „Dumpy Brown Bottle“ 1985 in der Abfüllung von Cadenhead. Was soll ich sagen? DER WAHN! Allein der Geruch haut einen schon aus den Latschen. Mächtige Frucht, die sofort die ganze Nase füllt. Hier kann man schon allein mit Riechen einen Abend verbringen. Der Geschmack steht dem aber in nichts nach. Exotische Früchte in Fülle, fetter Schmelz, aber das alles dermaßen ausgewogen und trotz der Masse mit absoluter Eleganz und ohne unangenehm aufdringlich zu sein. Das klingt nach Widerspruch, aber mir fehlen einfach die Worte, um diesen Tropfen angemessen zu beschreiben. Was für ein Highlight! Klar der Tagessieger und insgesamt mit Sicherheit einer der geilsten Whiskies, die ich bislang getrunken habe.
Jetzt will ich erst mal nichts anderes mehr, der nächste kann eh nur verlieren. Außerdem kann es nicht schaden, mal ein wenig feste Nahrung in den Magen zu füllen. Aus Erfahrung haben wir zwar ordentlich Wasser zwischen den Whiskies getrunken, aber ohne Essen wird das doch schnell böse. Diesmal gibt es wenigstens wieder zwei warme Gerichte (Spinatlasagne und Chili Con Carne), dazu ein paar Kleinigkeiten und selbstverständlich Livemusik. Die kommt von einer englischsprachigen Folkband, die gut zu unterhalten weiß. Das liegt unter anderem am Kotrabassisten, der allein schon eine Show für sich ist. Aussehen und Gestus lassen vermuten, dass Popeye hier eine zweite Karriere gestartet hat. Diese Theorie würde auch erklären, wo der Spinat in meiner Lasagne geblieben ist.
Frisch gestärkt können wir uns wieder den Spirituosen zuwenden. Da der erste Whisky nach dem Essen eh immer verliert, ist das der perfekte Zeitpunkt, wieder einen Gutschein loszuwerden. Neben dem Classic Malts Stand gibt es da für die Gutscheine Talisker 10 y.o. und Zacapa Rum. Den Gutschein für den zweiten lassen wir wohlweisslich verfallen, aber der Talisker kommt uns gerade recht, um als Verdauungsschnaps missbraucht zu werden. Das hat er natürlich eigentlich nicht verdient, aber er ist nun mal ein alter Bekannter und ein bisschen Schwund ist eben immer.
Wenn wir schon mal dabei sind, wechseln wir gleich die Straßenseite und werden noch einen weiteren Gutschein los. Bei der Spezialitätenbrennerei Liebl gibt es deren Brände, leider aber nicht den Whisky, den sie inzwischen auch anbieten. Na gut, dann eben einen Schlehenbrand, der immerhin goldprämiert ist. Vom Hocker haut der mich allerdings nicht. Solider Obstbrand, aber eben auch nicht mehr.
Beim Weiterschlendern werden wir von Johann Haider aus dem österreichischen Waldviertel abgefangen, der durchaus enthusiasmiert seine Whiskeys anpreist. Also lassen wir uns überzeugen und testen sie an. Bei mir ist es ein J.H. Rye Whisky, zu dem Schokolade gereicht wird. Das passt, denn dieser Whisky passt durchaus zu Süßem und Dessert. An sich hab ich es ja nicht so irre mit Roggenwhiskies, aber der hier kann schon bestehen. Durchaus ausgewogener Geschmack, nur leider etwas eindimensional. Der Geschmack ist sofort da und bleibt auch im Abgang konstant gleich, was mir Herr Haider zwar als Qualitätsmerkmal verkaufen möchte, mich aber einfach nicht so anspricht. Ich mag es lieber, wenn ein Whisky sich entwickelt und dabei unterschiedliche Facetten zeigt. Ist aber wohl das generelle Problem der ganzen „Neulinge“ aus dem deutschsprachigen Raum. Es fehlt ein wenig die Komplexität, die wohl ohne viele Jahre bzw. Jahrzehnte Erfahrung und Optimierung der Herstellung kaum zu erzielen ist.
Weiter geht es zu Montgomerie’s Rare Select, wo ich auf Empfehlung eines Freundes den Dalmore 1990, 17 y.o., 46% probiere. Sehr ungewöhnlich, da eine Kombination aus Salz und Butter im Vordergrund steht. In der Beschreibung heißt es dann auch „like popcorn“ und das trifft es völlig. Ganz sicher kein Whisky für jeden Tag, aber – ähnlich wie beim Ingwergeist – ein guter Tipp für diejenigen, die etwas ausgefallenes suchen. Gerade auch für solche Entdeckungen lohnt sich die Messe.
Langsam nähern wir uns dem Punkt, an dem die Geschmacksnerven zu sind. Also zurück zu Munich Spirits, um noch mal was schönes für den Abschluss zu trinken. Es hilft auch nichts, es muss nochmal ein Monster Malt sein. Bei mir ist es auf Empfehlung von Pit ein Glenglassaugh, Malts of Scotland, 25 years, 54,7 %, Sherry Butt, der laut seiner Aussage „mein Weltbild verändern wird“. Aber auch ein absoluter Kenner liegt mal falsch. So leid es mir tut, aber zur Veränderung des Weltbilds hat es diesmal nicht gereicht. Schon ein richtig guter Tropfen, sehr vielschichtig und elegant, mit toll integrierter, feiner Sherrynote, aber gerade im Vergleich zu dem Cardow vorhin einfach eine Spur zu dezent und gentlemanlike. Ich will aber nicht ausschließen, dass es eben doch schon zu spät für diesen Whisky ist. Vielleicht lag es einfach an mir und am Zeitpunkt, aber die richtig große Begeisterung bleibt leider aus.
Interessiert hätte mich ja vor allem noch der alte MacAllan, der mittig zwischen den Monster Malts steht und einen irren Geruch hat, aber der hätte dann doch das Budget gesprengt. Außerdem stand ja nun doch zu befürchten, dass der inzwischen ähnlich untergehen würde wie der Glenglassaugh davor. Also genug für heute.
Nein, noch nicht ganz! Da ist noch ein kleiner Rest in der Flasche Lagavulin, OB for Friends, 1995, 12 y.o., aged in first fill-Sherry-Casks, 48%. Die Destillerie ist eine alte Liebe von mir und da kann ich nicht widerstehen. Eine weise Wahl, denn dieser Whisky beweist eines ganz eindrucksvoll: guter Geschmack muss nicht teuer sein, der Preis besagt letztlich eben nur was über die Verfügbarkeit. Das hier war günstigste Whisky, den ich an diesem Tag getrunken habe und insgesamt eigentlich der zweitbeste, hinter dem Cardow. Nichts ausgefallenes, aber ein wunderschöner und typischer Lagavulin mit einer leichten Sherrysüße mit drin. Das mag nichts exklusives sein, macht mich aber schon richtig glücklich und zufrieden.
Damit reicht es dann aber wirklich für den Tag und wir verlassen die Messe in Richtung Grieche, der uns mit fettem Essen wieder auf Vordermann bringt. Bis zum nächsten Jahr dann wieder!
Schön geschrieben und alles sehr wahr. Ich schmeck ihn schon wieder, den guten Tropfen…
Schöner Bericht. Lohnt sich so eine Messe preislich auch für den Spirituoseneinkauf? Oder bekommt man da auch weitestgehend Ladenpreise, wie üblich?
Für die Standards lohnt das eher nicht, die haben größtenteils die Ladenpreise. Hin und wieder gibt es Angebote und man findet natürlich auch Besonderheiten, die man im Laden so nicht bekommt. Aber ansonsten ist das eher zum Probieren interessant als zum Einkaufen.