Palmen und Lupinen – Irland 2005 I

Nachdem ich es seit Urzeiten vorhatte, hab ich es nun endlich in die Tat umgesetzt. Ein Urlaub in Irland. Über Bekannte haben wir ein Ferienhaus an der äußersten Südwestspitze der Insel gemietet, an einem Hang direkt über dem Meer.
Nach 2 Stunden Flug bei bestem Wetter sind wir gestern mittag in Cork gelandet. Von dort ging es dann mit dem Mietwagen über malerische aber meist ziemlich enge und miserabel geteerte Straßen an der Küste entlang nach Goleen, einem kleinen ehemalige Fischerdorf. Natürlich mit Linksverkehr und gelegentlich auch Hunden oder Kühen auf den eh schon extrem unübersichtlichen Straßen. Na ja, wenigstens wird man dadurch beim Fahren nie unaufmerksam. Und nach einer halben Stunde hört man auch damit auf, mit der rechten Hand auf der Suche nach dem Schalthebel an der Tür rumzugrabbeln.
Die erste Tour hat aber mein Cousin übernommen (der uns mit seiner Freundin begleitet hat), ich selber hab die Erfahrung erst am zweiten Tag gemacht. Vorne links ohne Lenkrad zu sitzen, ist aber ähnlich verwirrend. Dazu kommt noch, dass die Beschilderung lausig ist. Richtungsschilder stehen nur direkt an der jeweiligen Abzweigung und sind auch gern mal eingewachsen. Demzufolge haben wir auch nicht die kürzeste Strecke genommen, wenngleich auch wohl die malerischere. Eigentlich sind es nur 90 km bis Goleen, wir brauchen für die Strecke aber gute 3 Stunden (auch auf der direkten Verbindung ist man 2 Stunden unterwegs, wie wir später noch herausfinden).
Der erste Eindruck von Irland ist vor allem grün. Grün und üppig. Und durchsetzt mit Palmen, Lupinen und Fuchsien, die hier wie Unkraut wachsen. Dazu einzelne Bauernhöfe und Cottages, an allen Ecken Ruinen von alten Wachtürmen und sonstigen Wehranlagen und natürlich massig Kühe und vor allem Schafe. Wirklich alles sehr pittoresk.
Unterwegs noch kurz zum Einkaufen und erst mal kräftig schlucken ob der Preise. Billiger ist hier eigentlich nichts und die Preise für Obst und Gemüse sind gesalzen. Irland muss hier fast alles importieren und das merkt man halt im Geldbeutel. Äpfel zum Stückpreis von 70 Cent, 5 Pfirsiche für 4,99 Euro und so weiter. Irgendwie seltsam, aber in diesem Meer von grün scheint relativ wenig verwertbares zu wachsen. Auf Alkoholika kommt eine satte Steuer, die den Rausch nicht wirklich günstig macht. Irischer Whiskey kostet das 1 1/2 fache wie in Deutschland und Bier ist auch ordentlich teuer (ganz davon abgesehen, dass man beides eh nur in wenigen „off license“ Supermärkten kaufen kann). In den kleinen Läden sind die Preise etwas niedriger, wirklich billig ist Irland aber nirgends.
Nach etwas Suchen finden an einem kleinen eingewachsenen Feldweg das Haus, wo uns Mickey, der Farmer von nebenan, bereits erwartet. Ein kauziger alter Kerl ohne Zähne, der uns ausgesprochen freundlich empfängt, auch wenn sein Dialekt annähernd unverständlich ist.
Das Haus liegt ziemlich traumhaft ca 400 m vom Meer weg mit Blick auf die Bucht. Innen ist es für ein Ferienhaus ziemlich komfortabel eingerichtet, vor allem der riesige Wintergarten weiß auf Anhieb zu gefallen.
Nach dem Ausladen und ein wenig Chillen machen wir uns auf die Suche nach einem Restaurant, auf Kochen haben wir keine Lust. Aufgrund einer Reiseführer-Empfehlung wählen wir das Altar, an dem wir ein Kaff weiter gerade vorbeigefahren sind und das für die nächste Überraschung gut ist. Wir hatten ja schon gelesen, dass Restaurants in Irland eher etwas gehoben sind. Nachdem das Altar aber eher einfach aussieht (um es mal freundlich zu sagen), dachten wir, dass sich das in dem Fall eher in Grenzen hält. Beim Reinkommen werden wir nach unserer Reservierung gefragt, werden aber auch ohne selbige rein gelassen. Wir nehmen (wie in Irland üblich) erst mal in der Lounge für einen Aperitif und unsere Bestellung Platz, an den eigentlichen Tisch wird man erst zum Essen geführt. Die Lounge verdient ihren Namen nicht wirklich. Vier enge und unbequeme Bänke um 2 kleine Tische, umringt von massig geschmackloser und kitschiger Deko. Und während wir zu unserem Kir Royal die Karte studieren, staunen wir nicht schlecht. Man kann zwar die einzelnen Gänge des Menüs variieren, der Preis bleibt allerdings pro Person bei stolzen 42 Euro. Ohne Getränke versteht sich. Auf Nachfragen bekommen wir auch noch die Option, nur Hauptgang und Nachspeise für 34 Euro zu nehmen. Nach einer kurzen Diskussion und mangels Alternativen entscheiden wir uns für die abgespeckte Version. Was wir dann auch trotz der gesalzenen Preise nicht bereuen. Mit Getränken (es gibt übrigens nur Wein und Wasser oder Saft, da das Restaurant wie etliche keine Lizenz für Bier und Spirituosen hat) summiert sich die Rechnung zwar auf fast 200 Euro für 4 Personen, aber das Essen ist reichlich und sehr gut. Und für den Seafood-Teller, den die beiden Mädels essen, hätte man vermutlich bei uns nicht so viel weniger gezahlt. Auf alle Fälle beschließen wir trotzdem, bei der Wahl des Restaurants in der restlichen Woche vorsichtiger zu sein. Wie wir dann feststellen, bekommt man in anderen auch schon billiger was zu Essen. Unter 15 Euro für ein Hauptgericht geht es in richtigen Restaurants aber nie. Günstigere Alternative ist das Essen in den Pubs, dass sich aber oftmals auf Sandwiches und ein oder zwei Suppen beschränkt.
Nach dem Essen gehen wir noch ein wenig die Gegend erkunden. Dabei fällt uns zum ersten Mal das recht eigenwillige Klima auf. Innerhalb von Minuten wechselt das Wetter von klar zu dichtem Nebel und wieder zurück. Der Nebel macht Landschaft und Stimmung irgendwie völlig zeitlos. Inzwischen ist es nach 22:00 Uhr und die Umgebung wirkt nicht anders als am Nachmittag. Ein Effekt, den wir in den folgenden Tagen noch oft feststellen. Wenn es bewölkt ist, hat man ohne Uhr kaum Möglichkeiten zu sagen, welche Tageszeit man gerade hat. Im Laufe der Woche verlieren wir alle das Zeitgefühl, was aber im Urlaub kein wirkliches Problem ist. Und „going slow“ ist eh eines der Mottos der Iren, da passt das recht gut.
An ein paar verfallenen Häusern vorbei gehen wir in Richtung Meer. Begleitet vom Hund eines Farmers unter uns, der sich uns beim Weg durch dessen Hof anschließt. Auch daran muss man sich in Irland gewöhnen. Wege (auch zu Sehenswürdigkeiten) gehen oft über Weiden und Privatgrund, sofern sie überhaupt vorhanden sind. Im Normalfall ist das aber auch kein Problem, wenn man wirklich irgendwo nicht rein oder drüber darf, dann steht das auch da. Auch hier hört der Weg recht schnell in einer Weide auf und da wir nicht mit dem richtigen Schuhwerk unterwegs sind, brechen wir die Aktion dann für heute ab und gehen zurück zum Haus.
Wir haben das Schlafzimmer mit dem Satellitenfernsehen und vor dem Schlafen mache ich mich noch auf die Suche nach britischer Comedy, die uns ja in Deutschland zu Gunsten von unlustigen amerikanischen und deutschen Sitcoms immer vorenthalten wird. Die Besitzer haben aber auf allen Kanälen nur deutsche Sender eingestellt. Na toll, die gleiche Scheiße wie zu Hause. Auf MDR kommt wenigstens die Harald-Schmidt-Show vom Vortag. Auch gut. Und die restliche Woche bleibt die Kiste dann eh aus.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

*